Auch Kinder haben ein Recht auf Privatsphäre

Möchtest Du, dass Schulkamerad:innen – oder sogar wildfremde Leute – private und vielleicht schon sehr alte Fotos von Dir sehen? Wahrscheinlich nicht. Erst recht nicht, wenn Du sie nicht ausgesucht hast. Diese Bilder zeigt man höchstens seinem besten Freund oder seiner besten Freundin. Zumindest möchte man selbst entscheiden können, wer diese (für einen selbst oft peinlichen) Bilder zu Gesicht bekommt.

Digitales Familienglück

In Zeiten von Social Media und Messengern ist das aber gar nicht so einfach. Man bekommt oft gar nicht mit, wenn irgendjemand ein Foto postet, auf dem man selbst zu sehen ist. Oder man ist noch zu jung, um Widerspruch einzulegen. So ist es bei den heutigen Kindern. Ihre Eltern – meist zwischen 30 und 40 Jahren alt – sind in verschiedenen sozialen Netzwerken unterwegs. Hier möchten sie auch ihr Familienglück mit Freund:innen teilen und posten zum Beispiel das Neugeborene auf Mamas Bauch, die ersten Gehversuche ihrer Kinder oder den gemeinsamen Familienausflug am Wochenende.

Sicher passiert das nicht in böser Absicht, aber was sind die Folgen für die Kinder, die schon so früh abgelichtet werden und dann nach Jahren und Jahrzehnten vielleicht immer noch die alten Fotos von sich im Netz finden? Was ist mit ihrer Privatsphäre und ihren Persönlichkeitsrechten?

Stolze Eltern, fehlende Privatsphäre für die Kinder

Kinder und Jugendliche scheinen in dieser Hinsicht fast schon sensibler mit den Themen Datenschutz und Privatsphäre umzugehen als ihre Eltern. Sie suchen nach Räumen und Plattformen, wo andere Jugendliche unterwegs sind und eben nicht ihre Eltern und Lehrer:innen. Gleichzeitig hat die öffentliche Diskussion über Datenschutz und Privatsphäre in den letzten Jahren bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen Spuren hinterlassen. Jugendliche gehen inzwischen tendenziell reflektierter und vorsichtiger mit persönlichen Daten im Netz um. Von der heutigen Elterngeneration kann man das dagegen nicht immer behaupten.

Gibt man etwa bei Instagram den Hashtag #mutterliebe ein, wird man überflutet von Kinder- und Kleinkinderfotos. Aber auch die Väter teilen die Liebe zu ihren Kleinen gern: Der Hashtag #vaterliebe wurde immerhin auch schon über 1500 Mal getippt. Stolz posieren die Eltern mit ihren Sprösslingen.

Diese Art der Selbstinszenierung als liebende Eltern ist grenzwertig, wenn dabei die Privatsphäre der Kinder vernachlässigt wird. Manche finden es offenbar sogar okay, Fotos von Kleinkindern zu posten, die gerade krank im Bett liegen. Der Sinn des Veröffentlichens dieser Art von Bildern ist mehr als fraglich. Aber es geht auch anders: Auf einigen Bildern entdeckt man statt des Kindergesichtes eine Blume oder ein anderes Icon, wodurch man das Kind nicht erkennen kann. So wird die Privatsphäre des Kindes zumindest etwas geschützt und Eltern können trotzdem ihren Stolz und ihre Freude mit anderen online teilen.

Rechtliche Lage und Verantwortung der Eltern

Rechtlich gesehen dürfen Eltern in Deutschland Bilder von ihren Kindern veröffentlichen, da Kinder als noch nicht einsichts- und geschäftsfähig gelten. Das betrifft auch das Recht am eigenen Bild. Mitentscheiden darf das Kind erst, sobald es die damit verbundenen Risiken selbst einschätzen kann (etwa ab 12 Jahren). Dann können Kinder theoretisch auch von ihren Eltern verlangen, Bilder aus dem Netz zu nehmen. Vorher ist das Verantwortungsgefühl der Eltern gefragt. Sie sollten im Sinne ihrer Kinder handeln, die grundsätzlich auch das Recht am eigenen Bild haben. Das Gesetz überträgt dieses nur an deren Vormund, also die Eltern, die damit verantwortlich umgehen sollten. In anderen Ländern, etwa in Frankreich und Österreich, sieht das anders aus: Hier drohen Eltern erhebliche Strafen, wenn sie Bilder von ihren Kindern posten.

Folgen für die Kinder

Als Kleinkind kann man sich also noch nicht gegen die Veröffentlichung der Fotos durch die Eltern wehren. Das sieht später schon anders aus. Und vielen Kindern gefällt es nicht, wenn ihre Bilder veröffentlicht werden. Irgendwann, wenn die heutigen Kinder zum Beispiel 20 Jahre alt sind, müssen sie sich mit den digitalen Spuren, die schon so früh gelegt wurden, auseinandersetzen. Denn sind die Bilder erst einmal im Netz, können sie sich schnell verbreiten und in die falschen Hände geraten. So könnten die Fotos beispielsweise Grundlage für Cybermobbing werden. Grundsätzlich gilt also, dass das Interesse der Eltern, Bilder ihrer Kinder zu posten, nicht so stark ist wie das Recht der Kinder.

Das Posten der Kinderfotos von Eltern ist ein wirklich interessantes Phänomen, da es ja meistens gerade die Eltern sind, die sich besorgt zeigen, was ihre Kinder im Netz alles so treiben. Hier zeigt sich der umgekehrte Fall: Sie selbst sollten darauf achten, dass sie in Zeiten des Booms von Sozialen Netzwerken und dem Posten des Lebens auf diesen Plattformen, nicht ihre Kinder als Schmuck dessen präsentieren. Sie müssen sich nur mal fragen, wie sie es finden würden, wenn ihre Eltern damals ihre eigenen Kinderfotos überall herumgezeigt oder in Fotos und Zeitschriften veröffentlicht hätten. Dann hat sich die Diskussion vermutlich ohnehin schon erledigt. 

 

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